OGH zum Schutzzweck der Datenschutzgrundverordnung

von Lieb Rechtsanwälte

Entscheidung des OGH vom 15.05.2024 – 6 Ob 70/24y

Der Oberste Gerichtshof hatte im Frühjahr diesen Jahres über folgenden Fall zu entscheiden:

Trotz Alkoholkonsums und daraus resultierender Fahruntauglichkeit trat der spätere Kläger nach einem Weinfest den Heimweg mittels seines PKWs an und versuchte diesen auf seinem Parkplatz vor dem Gebäude einzuparken. Hierbei fuhr er allerdings über die Parkplatzbegrenzung hinaus und beschädigte sein Fahrzeug schwer.

Der Kläger meldete den Vorfall seiner Kaskoversicherung und gab an, er habe wegen einer plötzlich vor das Auto laufenden Katze bremsen wollen und die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren, da er statt der Bremse das Gaspedal erwischt habe.

Die Versicherung erteilte zunächst eine vorläufige Deckungszusage. Kurz darauf entdeckte jedoch ein Mitarbeiter der Versicherung die Videokameras vor dem Grundstück, die aufgrund diverser Sachbeschädigungen am Gebäude durch den Vermieter installiert worden waren und kontaktierte den Vermieter. Dieser ließ der Versicherung die Aufzeichnungen des Unfalls zukommen. Nach Sichtung des Videos nahm die Versicherung ihre vorläufige Deckungszusage zurück und lehnte nunmehr die Deckung für die Reparaturkosten des PKW von rund 18.000 € ab.

Der Kläger begehrt nun vom beklagten Vermieter die Kosten für die Reparatur seines PKWs. Sein Begehren stützt er auf datenschutzrechtliche Regelungen, schließlich sei die Deckung der Reparaturkosten durch die Versicherung durch eine unzulässige Datenverarbeitung vereitelt worden. Bereits das Erstgericht wies die Klage ab, das Berufungsgericht und auch der OGH bestätigten die Entscheidung. Die Versicherung sei schon aufgrund des Risikoausschlusses nach § 67 VersVG von der Leistung befreit worden, weil der Kläger den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt habe. Der Schaden des Klägers sei schließlich nicht vom Schutzzweck der Datenschutzbestimmungen erfasst.

Die Frage nach dem Schutzzweck der DSGVO betrifft eine Frage des Unionsrechts. Nach Art. 82 DSGVO hat jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen die DSGVO ein materieller oder auch immaterieller Schaden entstanden ist, einen Anspruch auf Schadensersatz. Konkretisiert werden die europarechtlichen Normen durch § 29 DSG. § 29 DSG ordnet an, dass für den Schadensersatzanspruch die allgemeinen Vorgaben des bürgerlichen Rechts Anwendung finden. Ein Ersatzanspruch besteht demnach nur, wenn der vom Anspruchssteller geltend gemachte Schaden vom Schutzzweck der von ihm herangezogenen Norm erfasst ist.

Genau hieran fehlt es jedoch nach Ansicht des OGH. Es liege außerhalb des Schutzzwecks der vom Kläger angeführten Bestimmung, wenn er im Wege einer (behaupteten) Datenschutzverletzung Schadensersatz für eine zu Recht verweigerte Versicherungsleistung vom Verantwortlichen einer Datenverarbeitung begehrt. Auch das unionsrechtliche Effektivitätsgebot könne an diesem Ergebnis nichts ändern, würde dies doch auf eine schadensersatzrechtliche Kompensation für das (erfolglos) versuchte Erschleichen einer Versicherungsleistung hinauslaufen.

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