EuGH zur Werbung für Desinfektionsmittel: Angabe „hautfreundlich“ irreführend

von Lieb Rechtsanwälte

„Hautfreundlich • Bio • ohne Alkohol“ – So bewarb eine deutsche Drogeriekette ein Desinfektionsmittel. Die deutsche Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs hielt die Aussage der Drogeriekette für unlauter und war der Ansicht, diese verstoße gegen die Verordnung über Biozidprodukte (VO Nr. 528/2012). Die Wettbewerbszentrale klagte daher auf Unterlassung. Das Produkt dürfe nicht als „ökologisches Universal Breitband Desinfektionsmittel“ und/oder als „hautfreundlich“ und/oder „bio“ bezeichnet und vertrieben werden.

Da es sich bei Desinfektionsmittel um sogenannte Biozidprodukte handelt, die unter die Verordnung über Biozidprodukte (VO Nr. 528/2012) fallen, müssen besondere Regeln zum Bewerben der Produkte beachtet werden.

Gemäß der EU-Verordnung dürfen Biozidprodukte nicht in einer Art und Weise beworben werden, die hinsichtlich der Risiken dieser Produkte für die Gesundheit oder die Umwelt beziehungsweise ihrer Wirksamkeit irreführend ist, vgl. Art. 72 Abs. 3 S. 1 der Verordnung über Biozidprodukte (VO Nr. 528/2012). Satz 2 derselben Norm stellt klar, dass die Werbung für Biozidprodukte keinesfalls die Angaben „mit niedrigem Risikopotential“, „ungiftig“, „unschädlich“, „natürlich“, „umweltfreundlich“, „tierfreundlich“ oder „ähnliche Hinweise“ enthalten darf.

Der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) legte das Verfahren im Rahmen einer Vorabentscheidung dem EuGH vor. Die Karlsruher Richter wollten vom EuGH wissen, ob Art. 72 Abs. 3 S. 2 der Verordnung über Biozidprodukte (VO Nr. 528/2012) dahingehend auszulegen sei, dass der Begriff „ähnliche Hinweise“ im Sinne der Vorschrift jeden Hinweis in der Werbung für Biozidprodukte umfasst, der die Risiken des Produkts für die Gesundheit von Mensch und Tier oder für die Umwelt oder hinsichtlich seiner Wirksamkeit verharmlost, ohne jedoch allgemeinen Charakter zu haben.

Die Luxemburger Richter führen in ihrem Urteil aus, dass sowohl ein allgemeiner als auch ein spezifischer Hinweis, der die Risiken von Biozidprodukten verharmlost in Bezug auf das Vorliegen dieser Risiken irreführend sein könne. Es könne nicht gestattet sein, Werbeaussagen für Biozidprodukte zu verwenden, die sich auf das Fehlen von Risiken oder ein geringes Risiko oder auf bestimmte positive Wirkungen dieser Produkte beziehen, um diese Risiken zu verharmlosen oder sie gar zu negieren.

Dementsprechend umfasse der Begriff „ähnliche Hinweise“ jeden Hinweis in der Werbung für Biozidprodukte, der diese in einer Art und Weise darstellt, die irreführend ist, indem er diese Risiken verharmlost oder sogar negiert.

In Bezug auf die Angabe „hautfreundlich“ stellt der EuGH fest, dass eine solche Angabe eine positive Konnotation habe, die die Erwähnung jeglicher Risiken vermeidet, so dass sie nicht nur geeignet ist, die schädlichen Nebenwirkungen des fraglichen Produkts zu relativieren, sondern auch andeutet, dass das Produkt sogar für die Haut von Nutzen sein könnte. Diese Angabe ist nach Ansicht der Luxemburger Richter irreführend, so dass das Verbot ihrer Verwendung in der Werbung gerechtfertigt sei.

Ausblick:

Ein klares und verbraucherfreundliches Urteil. Nun liegt die Sache wieder beim BGH, denn dieser trifft die abschließende Entscheidung. An die Rechtsauffassung des EuGH ist er hierbei gebunden.

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